Stabilisierung bei Festhypotheken zeichnet sich ab – Einschätzung Hypothekarzinsen Juli 2022

von und / 30 Juni 2022
Zinsanstieg

Das zweite Quartal 2022 war geprägt von einer eskalierenden Inflation in den USA und Europa sowie von weltweiten Lieferkettenproblemen aufgrund neuer Lockdowns in Asien. Die Zentralbanken reagierten unterschiedlich: Während die amerikanische Notenbank FED (insgesamt um 1.5%) und die Schweizerische Nationalbank (um 0.5%) die Leitzinsen erhöhten, hat die Europäische Nationalbank (EZB) den ersten Erhöhungsschritt erst für Juli angekündigt. Die Kapitalmarktzinsen sind aufgrund der erwarteten Leitzinserhöhungen auch im zweiten Quartal nochmals kräftig, um rund 100 Basispunkte, angestiegen. Die Zinsen für Festhypotheken sind den Kapitalmarktzinsen gefolgt und zeigen über die wichtigsten Laufzeiten hinweg ebenfalls einen Anstieg von rund einem Prozent. Nach einem Zinsanstieg von 1.5 Prozent in einem halben Jahr gibt es einige Anzeichen einer Stabilisierung der Zinsen für Festhypotheken auf dem derzeitigen Niveau. Die bereits angekündigten Leitzinserhöhungen der Nationalbanken für die nächsten Monate dürften zu einem guten Teil in den aktuellen Hypothekarzinsen eingepreist sein.

Makroökonomische Lage

Galoppierende Inflation durch explodierende Energiekosten…
Das zweite Quartal war in den USA durch eine Inflation von über acht Prozent gekennzeichnet. Ein Wert, der seit 1981 nicht mehr erreicht wurde. Damals befand sich das Land in einer Rezession, ausgelöst durch eine Ölkrise. In der Eurozone knackte die Inflationsrate im Mai ebenfalls die Acht-Prozent-Marke, was einer Vervierfachung des Wertes vom Mai 2021 entspricht. Der allgemeine Preisanstieg wurde hauptsächlich durch die steigenden Kosten für Hauptenergieträger (Gas, Öl, Strom) sowie aufgrund der Verknappung wichtiger Hauptnahrungsmittel (z.B. Weizen) verursacht.

…und Zunahme von Engpässen in der Lieferkette
Die Fortsetzung der Null-Covid-Politik in China, der Krieg in der Ukraine und die Unzugänglichkeit der Infrastruktur in Russland, Belarus und der Ukraine, insbesondere wichtiger ukrainischer Häfen am Schwarzen Meer, führten zu weiteren Versorgungsschwierigkeiten und Preissteigerungen bei Vorprodukten und Rohstoffen. Diese wirkten sich schliesslich auf die Endpreise zahlreicher Verbraucherprodukte aus. 

Erste Leitzinserhöhungen des FED und der SNB
Am 16. März, 4. Mai und 15. Juni 2022 folgten die ersten, lang erwarteten Massnahmen der US-Notenbank (FED) zur Inflationsbekämpfung: Innerhalb von eineinhalb Monaten wurde der Zinssatz von 0.25-0.5 auf 1.5-1.75 Prozent erhöht. Was jedoch viele überraschte, war, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB), obwohl die Inflation in der Schweiz im Mai «nur» 2.9 Prozent betrug, nicht wie in der Vergangenheit auf den Schritt der Europäischen Zentralbank (EZB) wartete. Am 16. Juni erhöhte die SNB den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf -0.25 Prozent und kündigte weitere Erhöhungen bis Ende Jahr an.
Das Ziel der Erhöhung der Finanzierungskosten ist es, den Geldumlauf und damit die Inflation zu verringern. Dieser Schritt wurde lange hinausgeschoben, da die Wirtschaft Liquidität benötigte, um sich von der Covid-Krise zu erholen und um die Verschuldung der Staaten noch tragfähig zu halten.

Schweiz: Weniger Zuversicht bzgl. der Konjunkturentwicklung
Das BIP-Wachstum im Jahr 2022 wurde vom SECO im Dezember 2021 auf drei Prozent prognostiziert. Nach einer ersten Revision im März wurde das Wachstum Mitte Juni auf 2.6 Prozent nach unten korrigiert. Ein Hauptfaktor ist, dass die Schweiz als exportorientiertes Land stark von der globalen Nachfrage abhängig ist, die in den nächsten zwei Jahren durch die oben beschriebenen Faktoren stark komprimiert werden dürfte.

Entwicklung der Zinssätze

Zinsanstieg hält an – insbesondere auch bei kurzen Laufzeiten
Der Anstieg des Hypothekarzinsniveaus im ersten Quartal um rund 50 Basispunkte (bps) war historisch stark. Im nun abgelaufenen zweiten Quartal war er mit rund 100 bps sogar doppelt so hoch! Verantwortlich für dieses Zinsfeuerwerk sind die gestiegenen SWAP-Sätze aufgrund der aus dem Ruder gelaufenen Inflation sowie den Leitzinserhöhungen des Fed und der SNB. Die kurz- und mittelfristigen Hypotheken legten im zweiten Quartal stärker zu als die langfristigen. Dies kann als Zei-Zeichen gewertet werden, dass die grossen Zinssprünge hinter uns liegen.

Grafik Richtsaetze fuer Hypotheken
Tabelle Richtsatz vs Top Satz

Bandbreite der Angebote wird geringer
Der Top-Satz für eine zehnjährige Hypothek ist im Juni um satte 60 bps auf rund 2.4 Prozent angestiegen, während das teuerste Angebot nur rund 30 bps zugelegt hat. Die meisten Anbieter haben die psychologische Grenze von drei Prozent für zehn Jahre noch nicht überschritten und entsprechend ist die Bandbreite der Angebote mit weniger als einem Prozent so klein wie lange nicht mehr.

Grafik Richtsatz vs Top Satz

Kapitalmarktzinsen steigen unbeirrt weiter
Die Kapitalmarktzinsen sind nach dem ersten auch im zweiten Quartal je nach Laufzeit nochmals um rund 100 bps (1%) angestiegen. Lag der SWAP-Satz für zehn Jahre Mitte Dezember noch bei null Prozent, liegt er nun Ende Juni bei rund zwei Prozent. Allein im Juni legte er, getrieben von der Zinserhöhung des Fed, um 60 bps zu. Während im ersten Quartal die langen Laufzeiten stärker zulegten, zeigte im zweiten auch der SWAP-Satz für zwei Jahre einen Anstieg von satten rund 100 bps.
Im Juli 2011 – also vor mehr als einem Jahrzehnt – lag der SWAP-Satz für zehn Jahre letztmals über zwei Prozent. Dies verdeutlicht das historische Ausmass des Zinsniveaus.

SWAP Saetze

Zinsprognose

Stabilisierung bei Festhypotheken zeichnet sich ab
Nach einem Zinsanstieg von 1.5 Prozent in einem halben Jahr gibt es einige Anzeichen einer Stabilisierung der Zinsen für Festhypotheken auf dem derzeitigen Niveau. Die bereits angekündigten Leitzinserhöhungen der Nationalbanken für die nächsten Monate dürften zu einem guten Teil in den aktuellen Hypothekarzinsen eingepreist sein. Sollte allerdings die Inflation weiter ansteigen, könnten auch die Hypothekarzinsen durchaus nochmals um rund 20-30 bps ansteigen. Allerdings – und dies sollte man im Hinterkopf behalten – besteht nach wie vor ein grosses Risiko, dass sich die Inflation in einen starken wirtschaftlichen Dämpfer verwandelt und damit die Notenbanken veranlassen könnte, ihre geplanten Leitzinserhöhungen hinauszuzögern oder sogar auf Eis zu legen. Ein leichter Anstieg oder Rückgang des Hypothekarzinsniveaus erscheint uns für das zweite Halbjahr als das realistischste Szenario.

Werden Geldmarkthypotheken im zweiten Halbjahr teurer?
HypothekarnehmerInnen, die auf SARON-Hypotheken setzen, blieben bislang vom Zinsanstieg verschont. Solange der Leitzins in der Schweiz nicht über null Prozent notiert, wird sich daran nichts ändern. Seit zwei Wochen fehlen nur noch 25 Basispunkte für einen Leitzins von null Prozent. Ab dann würde jede weitere Zinserhöhung auf den SARON durchschlagen. Dieses Szenario könnte aus unserer Sicht im vierten Quartal eintreffen, macht den SARON damit aber noch lange nicht unattraktiv.

Empfehlungen

  • Das Zinsniveau könnte in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin leicht steigen. Es besteht aber durchaus auch die Möglichkeit von zeitweise nachlassenden Zinsen und entsprechend ist es wichtig, dass man sich frühzeitig mit der anstehenden Verlängerung einer Hypothek befasst und dann Opportunitäten rasch nutzen kann.
  • Kleine Banken, Versicherungen und Pensionskassen, die über genügend Einlagen verfügen und sich nicht auf dem Kapitalmarkt refinanzieren müssen, können mit attraktiven Zinssätzen Marktanteile gewinnen. Es lohnt sich, diese Anbietergruppen in einen breiten Vergleich einzubinden.
  • Wer die entsprechende Risikofähigkeit hat, kann nach wie vor auf SARON-Hypotheken setzen. Zwar scheint ein Anstieg auch hier nur eine Frage der Zeit, aber aus heutiger Sicht dürfte die Attraktivität dieses Produktes im Vergleich zu langfristigen Festhypotheken weiterhin hoch bleiben.

Die Einschätzung Hypothekarzinsen Juli 2022 in PDF-Form finden Sie hier.


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